Welfen und Staufer        Szenarium 1198

Zur historischen Situation im Herbst 1197

28.9.1197, Kaiser Heinrich VI., 31, seit 1194 auch König von Sizilien, stirbt in Messina (Sizilien) an der Malaria. Der Kaiser hatte beabsichtigt, das zehn Jahre zuvor von Saladin eroberte Jerusalem für die Christen zurückzugewinnen. Zahlreiche deutsche Reichsfürsten waren bereits im Heiligen Land eingetroffen.

Die Nachfolge hatte man schon 1196 geregelt, als Kaiser Heinrichs Sohn, der spätere Kaiser Friedrich II., im Alter von zwei Jahren von den deutschen Fürsten zum König gewählt worden war.

Auf die Todesnachricht hin hatte sich Herzog Philipp von Schwaben und von Spoleto an den Hof von Sizilien begeben, um seinen Neffen nach Deutschland zu holen. Das scheiterte zunächst am Widerstand der Kaiserinwitwe Konstanze, und nach deren Tod an Papst Innozenz III., dem Vormund des Stauferprinzen. Beide wollten - aus unterschiedlichen Motiven - Friedrichs Herrschaft auf Süditalien und Sizilien beschränken.

Philipp betrachtete sich als Statthalter für seinen Neffen und betrieb nicht seine eigene Wahl zum deutschen König. Er verwaltete die staufischen Hausgüter und das Reichsgut in der Hoffnung, seinen Neffen doch noch als König nach Deutschland holen zu können.

Demgegenüber betrieben die Gegner der Staufer die Wahl eines Gegenkönigs.

Staufergegner waren 1198:

1. die mächtigen Reichsfürsten Norddeutschlands, die - unter Heinrich VI. stark bedrängt, z.T. nur mit Mühe ihre Reichslehen hatten behalten können (so die Ludowinger und die Wettiner) - ein starkes Königtum fürchteten,

2. Berthold von Zähringen und der Bischof von Straßburg, die durch dauernde Fehden des zänkischen Staufers Otto von Burgund dem Haus der Hohenstaufen feind geworden waren,

3. Der englische König Richard Löwenherz, der dem Stauferkaiser einen Lehnseid für sein Königreich hatte schwören müssen,

4. im Zentrum der Staufergegner stand der Erzbischof von Köln. Er vertrat in dieser Frage auch die wirtschaftlichen Interessen der Bürger der größten deutschen Stadt, die über den Rhein und die Nordsee einen schwungvollen Handel mit England betrieben (deren Silber-Mark auch in England als 'Leitwährung' galt) und die eine enge Anlehnung Deutschlands an England wünschten.

Das Hauptproblem der übermächtigen Staufergegner war es, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Richard Löwenherz wünschte einen seiner welfischen Neffen. Nur Heinrich der Pfalzgraf war standesgleich mit den deutschen Fürsten. Er befand sich aber auf dem Kreuzzug.

So versuchte man, den Zähringerherzog Berthold V. für eine Kandidatur zu gewinnen. Der schien zunächst einverstanden, machte dann aber noch einen Rückzieher, als Geldforderungen an ihn gestellt wurden.

Diese Situation ist der Ausgangspunkt des Szenariums.
 
 

Spielziel

Die Spieler legen vor Spielbeginn das Spielziel A, B oder C fest.
 
 

A Sieger ist, wer einen Fürsten seiner Partei in Aachen zum deutschen König krönen lassen kann. Dies muß in diesem Szenario unter bestimmten Bedingungen kein Welfe oder Staufer sein. (Die Karte "Gewählter deutscher König" (Nr. 91 und 92) kann aber selbstverständlich in keinem Fall vererbt werden.)
 
 

B Sieger ist derjenige Spieler, der am Ende des IV. Quartals 1198 die meisten Machtpunkte errungen hat.
 
 

C Sieger ist die Partei, die ihren Kandidaten in Rom zum Kaiser krönen lassen kann.
 
 

Spielaufbau

Folgende Städte sind gegründet und werden mit welfischen Markierungen belegt:

Lüneburg (C7), Löwen (E2), Leipzig (E9), Meißen (E9), Bautzen (E10), Andernach (F4) und Glatz (12).

Folgende Städte sind gegründet und werden mit staufischen Markierungen belegt:

Lauenburg (=Ertenenburg, B7), Havelberg (C8), Brandenburg (D9), Kaiserslautern (G5), Krems (H11), Graz (J11), Tulln und Hainburg (H11).

Folgende Städte sind zu Reichsstädten aufgestiegen und werden mit den Reichsstadtmarkierungen (Ergänzungsset Pappplättchen) belegt. Sie sind, wie auch die älteren Reichstädte, solange neutral, wie es keinen deutschen König gibt:

Lübeck (B7), Neuß (E4), Kaiserswerth (E4), Mühlhausen (E7), Altenburg (E8), Gelnhausen (F6), Eger (F8), Rothenburg (G7), Metz (H3), Hagenau (H5) und Ulm (H6).

Bardowieck (B6) wird mit dem Zerstörstein 1 belegt. Falls es wieder aufgebaut wird, wird es mit einer Markierung "Reichsstadt" belegt.

Die folgenden Karten scheiden aus:

1-5, 17, 19, 20, 23, 25, 27, 30, 50, 52, 56, 58, 59, 64, 83, 84, 88, 92, 93, 99, 100, 102 und 112.
 
 

Verteilung der Spielsteine und Besitzkarten
 
 

Staufer

106 Philipp von Schwaben, Spielstein Staufer 1

Ravensburg und Weinsberg werden mit einer Markierung "staufische Burg" belegt. Augsburg (72), Chur(71), St.Gallen (74), Bamberg (73) und Burgund (94)

10 Erzbischof von Salzburg

12 Erzbischof von Magdeburg

33 Bischof von Lüttich

36 Bischof von Konstanz

42 Abt von Fulda

81 Askanier

101 Wittelsbacher
 

Staufische Kreuzfahrer:

(Die Besitzkarten werden an die Stauferspieler verteilt; die Spielsteine werden in das Feld Mark Ancona eingesetzt.)

7 Erzbischof von Mainz

11 Erzbischof von Bremen

40 Bischof von Hildesheim

41 Bischof von Halberstadt

98 Babenberger mit Markgrafschaft Pettau (62). Steyr (H10) mit der Markierung "staufische Burg" belegen. Der Babenberger kann hier eine Stadt gründen.

53 Schauenburger mit Stade (61)
 
 

Welfen 103 Otto IV. Spielstein Welfe 1

Sommerschenburg (C7) mit Markierung welfische Stadt belegen.

90 Wilhelm Spielstein Welfe 2

8 Erzbischof von Köln mit Verstärkung 67

9 Erzbischof von Trier

13 Przemyzliden mit Mark Bautzen (60)

35 Bischof von Straßburg

38 Bischof von Münster

39 Bischof von Paderborn
 

Welfische Kreuzfahrer

(Wappenkarten an die Welfen-Spieler, die Spielsteine werden in das Feld Mark Verona eingesetzt.)

6 Heinrich von Braunschweig (= Karte 6, Heinrich d. Löwe) mit 59, Spielstein Welfe 3

31 Ludowinger

16 Brabant

24 Wettiner
 
 

Neutraler Kreuzfahrer

Der Spielstein des Bischofs von Passau wird nach Friaul gesetzt, die Wappenkarte 37 wird unter den Stapel neutrale Adlige gemischt.
 
 

Die Spielsteine Staufer 2 und Staufer 3 werden aus dem Spiel genommen!!

Alle übrigen Wappen- und Lehnskarten werden gemischt und als Stapel "neutrale Adlige" bereitgestellt.
 
 

Kalender
 
 
Spielziel  Zugfolge englische Subsidien für die Welfen  (P)
(Welfenspieler)
Heimkehr der Kreuzfahrer (T)
(Stauferspieler)
Alpenpässe  (J)

(Stauferspieler)

Ao Bo Co Staufer  Welfen 2-4 nie mehr Subsidien "Z" 
5-7 diesmal keine Subsidien  "YY"
8-12 Subsidienstein
Ja  (W)

9 - 12 

Nein (X)

2 - 8

Offen

7-12

Gesperrt

2-6

IV 1197
     
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I 1198
   
 
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April 1198
   
 
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Mai 1198
   
 
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Juni 1198
     
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Juli 1198
   
 
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August 1198
   
 
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September 1198
     
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IV 1198
   
 
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Spielbeginn:

Der staufische Spieler beginnt. Ab I 1198 dürfen die Parteien gegnerische Spielsteine oder Besitzungen angreifen.

! Vor Beginn jedes Spielzuges würfelt der Staufer-Spieler, ob die Kreuzfahrer heimkehren oder nicht.

! Vor Beginn jedes Spielzuges würfelt der Welfen-Spieler, ob es englische Subsidien gibt.

! Der staufische Spieler würfelt zu Beginn jedes Winterquartals (IV oder I), ob die Alpenpässe passierbar sind oder nicht.
 
 

Nachfolgeregelungen für Welfen und Staufer

Falls Heinrich von Braunschweig (3 mit 59) stirbt, scheidet der Spielstein aus. Die Lehnskarte 60 "Pfalzgraf bei Rhein" kommt zum Stapel "Neutrale Adlige und Kleriker" und der Stapel wird neu gemischt.

Falls Otto IV. stirbt, wird der Spielstein vom Brett genommen und die Wappenkarte, sowie eventuelle Lehnskarten werden Heinrich von Braunschweig, dem neuen Thronfolger, zugeordnet.

Ist Heinrich von Braunschweig bereits ausgeschieden, so fällt das Erbe (ohne die Karte 60 "Pfalzgraf bei Rhein") an Wilhelm.

Die Besitzungen Wilhelms fallen ggf. an Otto oder Heinrich von Braunschweig.

Sind alle Welfen ausgeschieden, so bleiben die Markierungsplättchen liegen, Wappenkarten und Spielsteine werden aus dem Spiel genommen und die Welfenpartei ist in diesem Fall in ihrer Entscheidung frei, welchen weltlichen Fürsten sie zum deutschen König wählen möchte.

Falls Philipp von Schwaben stirbt, so bleiben die Markierungsplättchen für die Stauferpartei liegen, Wappenkarte und Spielstein werden aus dem Spiel genommen, und die Lehnskarten werden innerhalb der Stauferpartei neu verteilt. Die Reichsstädte werden neutral und können von keinem Adligen oder Kleriker frei passiert werden. Die Stauferpartei kann von nun an frei wählen, welcher nicht-staufische Adlige deutscher König werden soll.
 
 

Sonderregeln für das Szenario 1198
 
 

Es gelten die Zusatzregeln F und G; J sowie L und P
 
 

T Kreuzzug
 
 

Vor Beginn jedes neuen Spielzuges würfelt der Staufer-Spieler das Schicksal des Kreuzfahrerheeres aus.

2-8 = X 9-12 = W
 
 

W Der Kreuzzug ist abgeschlossen. Alle Kreuzzugsteilnehmer kehren heim und werden in eines der Spielfelder im Heiligen Reich eingesetzt, das an das Mittelmeer grenzt. Das Feld darf derjenige Spieler wählen, der über die jeweilige Wappenkarte verfügt. (Der welfische Spieler setzt einen Kreuzfahrer seiner Wahl in ein entsprechendes Feld, dann der Staufer einen seiner Kreuzfahrer-Spielsteine, dann wieder der Welfe usw., bis alle Steine eingesetzt sind.) Die Spielsteine neutraler Kreuzfahrer werden vom Brett genommen.
 
 

X Der Kreuzzug dauert fort. Für jeden Kreuzzugsteilnehmer wird das Schicksal nach der Tabelle 1 ausgewürfelt. (Das Ergebnis D gilt als E.) Das Schicksal des neutralen Kreuzfahrers wird nicht ausgewürfelt.
 
 

Was geschah wirklich AD 1198?

Die Pläne der Staufergegner, einen ihrer Parteigänger zum deutschen König zu wählen und die Unmöglichkeit, das Kind Friedrich II. nach Deutschland zu holen, zwangen Philipp von Schwaben, sich im März 1198 auf zwei Reichsversammlungen in Thüringen zunächst zum Reichsvormund für seinen Neffen und dann zum deutschen König wählen zu lassen.

Den Staufergegnern war die Initiative entglitten, ihr Anhang drohte zu Philipp überzulaufen, der sah sich hingegen dem Problem gegenüber, daß ihm der Weg zur Krönung nach Aachen versperrt war.)

Man verfiel im Welfenlager darauf, den zweiten Sohn Heinrichs des Löwen zum deutschen König zu wählen. Das war insofern ungewöhnlich, als dieser noch nicht einmal Reichsfürst war.

Der damals 16-jährige Otto ist 1182 während des Exils seiner Eltern in der Normandie geboren und aufgewachsen, war seit seinem 8. Lebensjahr mit Ausnahme weniger Monate fast ständig im Gefolge seines kinderlosen Onkels Richard Löwenherz. Der macht ihn 1190 zum Grafen von York und zum Grafen von der Marche. Als 11-jähriger bei Kaiser Heinrich in Geiselhaft für Richard, belehnte ihn dieser 1196 mit der mächtigen Grafschaft Poitou an der Biscaya. Otto war von Richard in allen Tugenden und Lastern eines normannischen Ritters unterwiesen und galt den Zeitgenossen als dessen Ebenbild.

Am 9. Juni konnte Otto, ausgestattet mit dem Verkaufserlös für die Grafschaft Poitou und englischen Subsidien, in Köln gewählt werden. Am 18. Juni erscheint er vor der Reichsstadt Aachen, die am 10 Juli vor ihm kapitulierte.

Am 12. Juli wurde er in der Pfalzkapelle vom Erzbischof von Köln gekrönt. Am richtigen Ort, vom richtigen Erzbischof aber mit nachgemachten Reichsinsignien.

Mit den echten Reichsinsignien aber am falschen Ort (in Mainz) ließ sich Philipp am 8. September 1198 durch den burgundischen Erzbischof von Tarantaise krönen.

Papst Innozenz III. nutzte den deutschen Thronstreit, um die staufischen Positionen in Mittelitalien zu beseitigen und Spoleto, Ancona, die Toskana und die Romagna dem Kirchenstaat anzugliedern. Otto IV. erkannte das an (insgeheim, nicht öffentlich) und verpflichtete sich außerdem in seiner Politik gegenüber den italienischen Städten stets im Einklang mit dem römischen Papst zu handeln. Für die Aufgabe einer eigenen Italienpolitik erlangte Otto die Unterstützung des Papstes gegen die Staufer.

Innozenz konnte die Welfen aber nicht davor bewahren, daß der englische König vom französischen besiegt wurde und daraufhin die Subsidienzahlung an seinen welfischen Neffen einstellen mußte. Ende 1204 wechselte der Erzbischof von Köln die Partei. Jetzt war für Philipp der Weg frei, sein Königtum korrekt entsprechend der ungeschriebenen Verfassung neu zu gründen.

Er dankte zunächst ab und ließ sich im fränkischen Stammesgebiet erneut wählen und in Aachen vom Erzbischof von Köln krönen. Er unterwarf seine Gegner in Thüringen und Böhmen und besiegte Otto in offener Feldschlacht am 27. Juli 1206 bei Wassenberg westlich von Köln.

Der militärische Erfolg reichte aber nicht aus. Philipp mußte versuchen, den ebenfalls legitim gewählten und gekrönten Otto durch Abfindungen zum Verzicht zu bewegen. Er hatte vor, dem Welfen das Herzogtum Schwaben zu übertragen. Dazu kam es jedoch nicht mehr.

Am 21. Juni 1208 wurde König Philipp von Otto von Wittelsbach in Bamberg aus persönlichen Motiven ermordet.

Otto IV. wurde daraufhin von allen deutschen Fürsten als gewählter und gekrönter deutscher König anerkannt.

Der Tod Heinrichs VI., Ausgangspunkt unseres Szenariums, gilt aus historischer Perspektive betrachtet, als Wendepunkt in der Kaisergeschichte des Mittelalters.

"Sein Tod ließ jene Kräfte emporsteigen, die in Deutschland und im Abendland ein neue politische Ordnung herbeiführen sollten. So ist das Jahr 1197 das entscheidende Wendejahr in der Geschichte der deutschen Kaiserzeit geworden."

Gemeint sind mit den "emporsteigenden Kräften":

1. die Territorialfürsten in Deutschland, die ihre Selbständigkeit gegenüber dem Königtum durchsetzen konnten,

2. die geistlichen Fürsten in Deutschland; sie konnten sich vielfach wie die weltlichen Fürsten zu Territorialherren entwickeln. In dem spezifisch deutschen Reichskirchensystem Kaiser Ottos des Großen waren die geistlichen Fürsten Hauptstütze des Königtums. Es löste sich auf.

3. die "Kurfürsten", die sich von den übrigen Reichsfürsten als einzige Königswähler abhoben,

4. das Papsttum, es löste sich aus einer Bedrohung durch das deutsche Kaisertum und konnte selbst aus früheren Reichslehen einen Territorialstaat in Mittelitalien entwickeln,

5. die Reichsstädte, sie lösten sich aus ihrer engen Bindung an das Königtum und wurden politisch selbständig, schlossen sich gelegentlich auch schon zu Städtebünden zusammen, verloren aber auch den wirksamen Schutz des Königtums und gerieten vielfach in den Herrschaftsbereich der Territorialfürsten.
 

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