"Nicht gebieten werd' ich dem Sänger," spricht

Der Herrscher mit lächelndem Munde,

"Er steht in des größeren Herren Pflicht,

Er gehorcht der gebiethenden Stunde.

Wie in den Lüften der Sturmwind saust,

Man weiß nicht, von wannen er kommt und braust,

Wie der Quell aus verborgenen Tiefen,

So des Sängers Lied aus dem Innern schallt

Und wecket der dunkeln Gefühle Gewalt,

Die im Herzen wunderbar schliefen."

Und der Sänger rasch in die Saiten fällt

Und beginnt sie mächtig zu schlagen:

"Aufs Waidwerk hinaus ritt ein edler Held,

Den flüchtigen Gemsbock zu jagen.

Ihm folgte der Knapp mit dem Jägergeschoß,

Und als er auf seinem stattlichen Roß

In eine Au kommt geritten,

Ein Glöcklein hört er erklingen fern;

Ein Priester war's mit dem Leib des Herrn,

Voran kam der Meßner geschritten.

Friedrich von Schiller

Der Graf von Habsburg

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Und der Kaiser ergreift den goldnen Pokal

Und spricht mit zufriedenen Blicken:

"Wohl glänzet das Fest, wohl pranget das Mahl,

Mein königlich Herz zu entzücken;

Doch den Sänger vermiss' ich, den Bringer der Lust,

Der mit süßem Klang mir bewege die Brust

Und mit göttlich erhabenen Lehren.

So hab' ich's gehalten von Jugend an,

Und was ich als Ritter gepflegt und gethan,

Nicht will ich's als Kaiser entbehren."

Und sieh! in der Fürsten umgebenden Kreis

Trat der Sänger im langen Talare;

Ihm glänzte die Locke silberweiß,

Gebleicht von der Fülle der Jahre.

"Süßer Wohllaut schläft in der Saiten Gold,

Der Sänger singt von der Minne Sold,

Er preiset das Höchste, das Beste,

Was das Herz sich wünscht, was der Sinn begehrt;

Doch sage, was ist des Kaisers werth

An seinem herrlichsten Feste?" -

Zu Aachen in seiner Kaiserpracht,

Im alterthümlichen Saale,

Saß König Rudolphs heilige Macht

Beim festlichen Krönungsmahle.

Die Speisen trug der Pfalzgraf des Rheins,

Es schenkte der Böhme des perlenden Weins,

Und alle die Wähler, die sieben,

Wie der Sterne Chor um die Sonne sich stellt,

Umstanden geschäftig den Herrscher der Welt,

Die Würde des Amtes zu üben.

Und rings erfüllte den hohen Balcon

Das Volk in freud'gem Gedränge;

Laut mischte sich in der Posaunen Ton

Das jauchzende Rufen der Menge;

Denn geendigt nach langem verderblichen Streit

War die kaiserlose, die schreckliche Zeit,

Und ein Richter war wieder auf Erden.

Nicht blind mehr waltet der eiserne Speer,

Nicht fürchtet der Schwache, der Friedliche mehr,

Des Mächtigen Beute zu werden.

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