24. Februar 1848 Proklamation der II. Republik in Paris

Die zeitgenössische Abbildung zeigt die öffentliche Verbrennung des Königsthrons von Louis Philippe.

Frankreich war seit 1830 eine parlamentarische Monarchie mit einem König an der Spitze, der sich „Bürgerkönig“ und „König der Franzosen“ nannte. Vorrechte des Adels gab es nicht mehr, und die Macht lag weitgehend bei der Parlamentsmehrheit. Dieses Parlaments wurde aber nur von einer sehr kleinen Minderheit reicher Steuerzahler gewählt. (1846 waren es 240.000 Wahlberechtigte von ungefähr 36 Millionen Franzosen*). Das Prestige der Monarchie hatte durch außenpolitische Mißerfolge und Korruption sehr gelitten.

Nach zwei Hungerjahren 1846 und 1847 und einer anhaltenden Konjunkturkrise seit 1847 hatte das soziale Elend, besonders das der Gelegenheitsarbeiter in der Millionenstadt Paris, stark zugenommen. Die Parlamentsopposition, die eine Wahlrechtsreform forderte, hatte ihre Proteste in die Öffentlichkeit verlagert. Als die Regierung im Februar 1848 die friedlichen Proteste verbieten wollte, kam es zu Straßenunruhen in Paris, und nachdem einige Demonstranten erschossen worden waren, zu einem allgemeinen Aufstand, den die Armee nicht mehr niederwerfen konnte. Statt Reformen wurde jetzt die Republik verlangt, der König mußte fliehen.

„Welche revolutionären Energien, welch rasende Volkswut damals in Paris aufgespeichert war, zeigten die nächsten Stunden und Tage. Alte Leute, welche die erste Revolution gesehen hatten, hatten doch dergleichen noch nicht gesehen: die Plünderung und Verwüstung der Königsschlösser, der Tuilerien, des Palais Royal, deren Schätze, Porzellan, Gobelins, Bücher, zerstampft und zerfetzt die Höfe knietief bedeckten; aus den Tuilerien allein wurden fünfundzwanzigtausend Kilo Porzellan- und Kristallscherben ausgekehrt. Daß ein gleiches auch dem Palast des Bankiers Rothschild geschah, stimmte die wohlhabenden Leute nachdenklich. Am Ende war es leichter, einen König zu stürzen, als seine Nachfolge anzutreten."**

Republikaner und Sozialisten bildeten in Paris eine provisorische Regierung, proklamierten die Republik und organisierten Wahlen für eine verfassunggebende Nationalversammlung nach allgemeinem Wahlrecht (für Männer).

* Die Wahlberechtigung war regional sehr unterschiedlich verteilt. So waren etwa in der Normandie und um Marseille mehr als 20 % und in einigen reiche Stadtteilen von Paris mehr als 25% der Männer wahlberechtigt gegenüber weniger als 5% Wahlberechtigten z.B. in der Bretagne.

**Golo Mann: Politische Entwicklung Europas und Amerikas 1815-1871, in Propyläen-Weltgeschichte Bd. 8, Frankfurt am Main 1976, S. 481-482

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Gerhard-Hermann Kuhlmann 25.11.2004 (Version 1.0)