Martha 1918
Aus keinem der vier Kriegsjahre sind uns so viele schriftliche Mitteilungen von Martha erhalten wie 1918. Wir erfahren etwas über den Verlauf der Schwangerschaft*, viel über die Fortschritte in den Feldarbeiten, über die soziale Situation auf dem Hof, über Urlaubsanträge, und Freistellungs-bemühungen für Paul Steins; viele Personennamen aus dem Ort werden genannt; wir erfahren von ertappten Hamsterern, erwähnt wird der Hunger.
Wir hören auch von dem Vater-Sohn-Konflikt im Hause Ihle.
In den Oktoberbriefen steht die Politik im Vordergrund. Wir sehen, wie groß Marthas politisches Interesse ist und wie selbständig und klug auch sie die Lage betrachtet. In ihrem Brief vom 6. Oktober beschreibt sie auch die Stimmung, die einen, die den totalen Umsturz fürchten und andere, die den Sturz der Monarchie erwarten. Von dem Knecht Klöpper erwartet sie zu gegebener Zeit auch Aufruhr.
Aber vorherrschend bei ihr ist dann das Gefühl der Entlastung über den endlich greifbar nahen Verständigungsfrieden. Während andere meinen, daß jetzt auch die Fräuleins von Stand in der Munitionsfabrik ihren Dienst für den Siegfrieden leisten sollten.
In ihrem Brief vom 16. Oktober berichtet sie von der großen Enttäuschung über die Antwort des Präsidenten der USA Woodrow Wilson auf das Friedensgesuch der deutschen Reichsregierung unter Reichskanzler Prinz Max von Baden. Es wird nun wieder mit einer Verschärfung und Verlängerung des Krieges gerechnet.
* Hans Tötemeier, später Hans Teutmeyer, wurde am 23. Dezember 1918 geboren.